Montag, 19. August 2013

Das trageerschöpfte Pferd

Heute möchte ich euch einmal das "trageerschöpfte" Pferd vorstellen.

Die Trageerschöpfung ist ein physiologischer Zustand der Körpers unseres Pferdes. Früher eher unbekannt, gewinnt dieser Zustand an zunehmender Bedeutung in der heutigen Welt. Dabei ist es unabhängig davon, in welcher Reitweise oder in welcher Disziplin das Pferd trainiert und genutzt wird. Die Trageerschöpfung zieht sich vom Sportreiter bis über den anspruchsvollen Freizeitreiter, Fahrer und den Wald- und Wiesen Ausreitfreund. Die Ursache liegt immer in der Nutzung des Pferdes und den äußeren Einflüssen. Schuld ist dabei wieder einmal mehr der Mensch mit seiner Unwissenheit und Dummheit. Bei Pferdeuntersuchungen bin ich schon häufig auf Pferden mit Symptomen der Trageschöpfung gestossen.

Ursachen
Die Trageerschöpfung kommt nicht von heute auf morgen. Sie ist ein Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum anbahnt. Häufig werden die ersten Anzeichen nicht erkannt. Der Körper hilft sich zu Beginn noch selbst und kompensiert die Probleme.

Häufige Ursachen für eine Trageerschöpfung sind z.B.:
  • zu langes Reiten bei ungenügendem Trainingszustand (z. B. auch nach Pausen wie Krankheit oder Urlaub des Reiters)
  • zu schwerer Reiter
  • zu starke Belastung bei ungenügendem Trainingszustand (z. B. viel Springen, wenn das Pferd es nicht gewohnt ist, weil man plötzlich für eine Springprüfung vorbereiten muss)
  • unpassende Ausrüstung
  • Schmerzen, die länger andauern oder sehr häufig sind z. B. bei wiederkehrender Hufrehe
  • zu viel "auf der Bremse" getreten - ständiger Zügelzug, kein oder wenig frischer Galopp
  • Sitzfehler
  • fehlende Korrektur von Gleichgewichtsproblemen, natürliche Schiefe usw.
  • Fehler im Management (Hufe, Haltung (auch Offenstall!!!!), Fütterung usw.)
  • Betriebsblindheit beim Menschen: der nicht in der Lage ist, Anzeichen für Schmerzäußerung zu erkennen und lieber die Zickigkeit und Unwilligkeit des Pferdes dafür verantwortlich macht. Auch das Annehmen von "Hilfe" bei anderen mit Halbwissen herumlaufenden Pferdemenschen unterstützen das ganze Problem noch zusätzlich. Und auch das rigorose Ablehnen von theoretischen Wissen, was so mancher Pferdemensch für sich beherzigt, ist ein wichtiger Faktor.
  • äußere Einflüsse wie z. B. Stürze mit einhergehenden u. a. muskulären Veränderungen
Und noch viele mehr!

Die Symptome

Wie schon erwähnt, beginnt die Trageerschöpfung schleichend. Die ersten Anzeichen sind oft:

  • Kuhlen hinter dem Widerrist in der Sattellage
  • ein abgesackter Brustkorb
  • aufgewölbte Lendenwirbelsäule - wie Karpenfrücken
  • Kuhle am Kreuzbein
  • unterhalb vom Brustkorb ist auf beiden Seiten ein harter Strang zu erfühlen, die verspannte Bauchmuskulatur. Ist euer Pferd vielleicht "kitzelig"? Oder tut es in Wirklichkeit so weh, dass es deshalb die Ohren anlegt.......
  • verstärkte Muskulatur an der Vorhand, diese trägt mehr Last
  • die "Hosenmuskulatur" links und rechts neben der Schweifrübe, an den Hinterbeinen entlang, ist dicker und auffälliger. Sie sind häufig total verhärtet.
Auffälligkeiten beim Reiten

Natürlich merkt man auch in der Bewegung, dass etwas nicht stimmt.
  • stolpern
  • lustlose Bewegungen. Häufig passen die Grundgangarten in der Qualität nicht zum Exterieur.
  • schwere Atmung, Kurzatmigkeit, häufiges Husten besonders im Trab und Galopp
  • keine oder verminderte Schub- und Tragkraft
  • Pferd läuft bergab
  • Schwierigkeiten in der Biegung und Dehnungshaltung 
Das sind nur einige Anzeichen, die wir im Anfangsstadium wahrnehmen können.


deutlich zu erkennen: Aufgewölbte Lendenwirbelsäule, stämmige Vorhand, abgesackter Brustkorb

Was kann man dagegen tun?

In aller erster Linie muss die Ursache möglichst sofort abgestellt werden. Natürlich kann ein Reiter nicht von heute auf morgen 20 kg abnehmen, wenn er zu schwer für sein Pony ist. Aber man kann dann zumindest das Reiten solange einstellen. Was auch für alle anderen Ursacher zuerst gilt. Das Pferd ist in diesem Zustand nicht mehr in der Lage, den Reiter zu tragen! Alles andere lässt sich schnell ändern. Eventuell muss der Reiter auf einigen Komfort verzichten wie z. B. den Stall um die Ecke oder den bequemen Westernsattel, wenn dieser aber viel zu lang oder zu eng ist. Dann braucht ihr fundierte professionelle Hilfe beim Wiederaufbau des Trainings und entsprechenden Behandlungen. Bitte nicht die Ritsch-Ratsch Knochenbrecher zur Hilfe herbeiziehen. Wer nicht weiß warum, liest bitte noch einmal den Beitrag über das Nervensystem. Achtet aber bei der Auswahl der Fachleute darauf, dass diese sich wirklich damit auskennen. Nicht jeder Trainer oder Gesundheitsspezialist weiß, was eine Trageerschöpfung ist. Reiten ist da eh erst einmal nicht angesagt. Die Blockierungen müssen gelockert werden, die Muskulatur wieder korrekt arbeiten und aufgebaut werden. Ein fundierter Trainingsplan für die nächsten Monate muss entwickelt werden. Das Management (Hufe, Haltung usw) muss optimiert werden.

Alternativen???
Ja gibt es: Ein neues Pferd kaufen und das kaputte an einen Fachmann oder Pferdefreund verschenken.