Donnerstag, 7. Februar 2013

Das Muskelsystem

Die Muskulatur des Pferdes macht einen großen Teil seiner Körpermasse aus. Sie sorgt für Fortbewegung, der Unterstützung von Organen und der Stabilisierung des Körpers.

Arten von Muskulatur
Es werden hauptsächlich 3 Arten von Muskulatur unterschieden. Für uns wichtig ist in erster Linie die Skelettmuskulatur. Sie wird als quergestreifte Muskulatur bezeichnet und ist willentlich beeinflussbar. Auf diese Muskulatur gehe ich unter Aufbau des Muskels näher ein. Dann gibt es noch die Herzmuskulatur. Auch sie wird als quergestreift bezeichnet, ist aber anders aufgebaut als die Skelettmuskeln. Die Herzmuskulatur ist willentlich nicht beeinflussbar und arbeitet das ganze Leben lang. An den Blutgefäßen und inneren Organen befindet sich die glatte Muskulatur.

Aufbau des Muskels (Skelettmuskulatur)
Ein Muskel besteht aus vielen Muskelfaserbündeln. Die einzelnen Bündel sind wiederum aus einzelnen Muskelfasern zusammengesetzt. Eine einzelne Muskelfaser besteht aus dünnen Muskelfibrillen. Jeder Muskel ist von einer elastischen Hülle, der Faszie, ummantelt. Diese Faszien unterstützen die Gleitfähigkeit der Muskeln untereinander. Sie können verkleben und dadurch die Bewegung der Muskeln einschränken. Wenn ihr euch mal den Ärmel des Pullis über die Hand zieht, ist das in etwa das, was eine verklebte Faszie ist. Euer Arm ist weniger beweglich.
aus Wanless: Zum Wohle der Pferde, 1. Aufl. 1999

Skelettmuskeln kommen am häufigsten vor. Sie sind in der Regel paarig angelegt. Das bedeutet, es gibt auf der rechten und auf der linken Körperhälfte jeweils diesen Muskel. Ein Skelettmuskel hat einen Ansatz und einen Ursprung. Diese können weit voneinander entfernt liegen. Der Ansatz liegt dabei eher vom Körperzentrum entfernt (distal) und der Ursprung zum Körperzentrum hin (proximal). Beispiel: m. brachiocephalicus (Arm-Kopfmuskel) Ansatz: am Schläfenbein des Kopfes, Ursprung am Oberarm. Am Ursprung ist der Muskel mit einer kurzen Sehne am Knochen angeheftet. An der Ansatzstelle läuft er häufig mit einer mehr oder weniger langen Endsehne aus. Besonders an den Gliedmaßen zu erkennen. Die tiefe Beugesehne ist die Endsehne des weiter oberhalb liegenden M. flexor dig. profundus, dem tiefen Zehenbeuger. Bei Überlastung des Muskels kann es zu einer Entzündung im Bereich der Sehnen kommen. Das bedeutet, dass bei einer Erkrankung z.B. der tiefen Beugesehne, immer der dazugehörige Muskel überlastet wurde und auch behandelt werden muss. Zwischen Ansatz und Ursprung liegt der Muskelbauch. Er zieht den Muskel zwischen diesen beiden Sehnen zusammen. Die Sehnen selber arbeiten nicht und sind nicht dehnbar. Der Muskel zieht dabei über seinen Ursprung direkt am Knochen, oder er überträgt über seine Endsehne am Ansatz den Zug auf den weiter entfernt liegenden Knochen. Durch diesen Zug bewegen sich die Knochen aufeinander zu. Manche Muskeln haben mehrere Muskelbäuche. Dadurch haben sie auch mehrere Endsehnen und Ansatzpunkte. Andere haben auch mehrere Ursprungsorte. Bsp. trizeps, bizeps, quadrizeps. Es gibt Muskeln, die nicht an einem Knochen entspringen, sondern an Faszien. Muskeln mit sehniger Durchsetzung sind stabiler und können mehr Kraft aufbringen. Dafür sind sie weniger dehnfähig. Bsp. die Kaumuskulatur. Andere wiederum sind dehnfähiger, haben aber weniger Kraft.


Funktion der Muskulatur (Skelettmuskulatur)
Der Muskel wird aktiv indem er sich anspannt (Kontraktion) und wieder entspannt, eine Bewegung und eine Kraft ausübt. Muskeln arbeiten auf verschiedene Weise untereinander. Es gibt Gegenspieler (Antagonisten) und Spieler (Agonisten). Sie haben zueinander eine entgegengesetzte Wirkung. Der eine spannt an, der andere dehnt. Bsp.: Ein Muskel beugt das Gelenk zwischen 2 Knochen indem er sich anspannt. Das ist der Agonist. Auf der anderen Seite verhindert ein anderer Muskel, der Antagonist, dass sich dieses Gelenk zu stark beugt, indem er langsam und unter Spannung gegenhält. Dann gibt es noch die Synergisten. Sie arbeiten gleich oder ähnlich mit einem anderen Muskel zusammen. Sie können den Muskel verstärken oder durch z.B. Stabilisierung des Gelenks unterstützen. Muskeln, die eine Gliedmaße an den Körper heranziehen heißen Adduktoren, die Gegenspieler dazu, die die Gliedmaße vom Körper entfernen, nennt man Abduktoren. Muskeln, die eine Gliedmaße beugen, sind Flexoren. Die Streckung wird von den Extensoren übernommen. Drehbewegungen werden von den Rotatoren ausgeführt.
Je nachdem an welchem Ende der Muskel sich fixiert, kann er mehrere Funktionen haben.

aus: www.medizininfo.de

Ein Muskel kann sich auf verschiedene Arten zusammenziehen. Ich erläutere hier einmal die wichtigsten.
a) isotonisch: Der Muskel fixiert sich nur an einem Knochen. Er kann sich verkürzen ohne eine zusätzliche Spannung aufzubauen. Dabei bewegt er den anderen Knochen.
b) isometrisch: Der Muskel fixiert sich an beiden Enden. Er kann sich nicht verkürzen. Seine Länge bleibt gleich. Es erhöht sich die Spannung im Muskel. Sie ist dann statisch-haltend.
c) exzentrisch: Der Muskel kann unter Verlängerung Kraft aufbauen. Dabei ist der Widerstand gegen den er seine Kraft aufbaut größer als die Spannung. Der Muskel "bremst" eine Bewegung ab. Wie oben beim Bsp. mit dem Beugen des Gelenks. Der Antagonist arbeitet dabei exzentrisch. Diese Arbeit des Muskels in gedehnter Stellung ist schnell ermüdent. Bei Pferden in ständig gleicher Beizäumungshaltung arbeiten die Kopfgelenksmuskeln nach diesem Prinzip.
d) konzentrisch: Der Muskel überwindet den Widerstand und wird dadurch kürzer. Er arbeitet positiv-dynamisch.

Die Skelettmuskulatur des Pferdes wird unterteilt in 3 Schichten:
a) oberflächliche Schicht
Sie ist gut fühlbar. Auf diese Muskeln können wir z.B. durch Massage einwirken. Diese Muskulatur löst in erster Linie Bewegung aus.
b) mittlere Schicht
Sie liegt zum Teil unterhalb der oberen Schicht und ist auch für Bewegung zuständig.
c) tiefe Schicht
Sie liegt nah an den Gelenken und ist überwiegend für Stabilisierung des Körpers zuständig. Sie sendet ständig über die Propriozeption (siehe Nervensystem) die Stellung der Körpers im Raum an das Gehirn und Rückenmark. Sie werden auch als kybernetische Muskeln bezeichnet.

Oberflächliche Muskulatur
aus: Denoix/Pailloux, Physiotherapie und Massage bei Pferden, 1 Aufl. 2000

Schlussfolgerung
Wenn wir ein muskuläres Problem beim Pferd feststellen, müssen wir genau nach der Ursache forschen. Es kann z.B. ein Problem beim Antagonisten aufgetreten sein, das Training war nicht optimal (zu viel oder zu wenig), die Ausrüstung klemmt oder die Versorgung des Muskels funktioniert nicht richtig.
Beim Training ist es wichtig, sich genau vorzustellen, welcher Muskel wie arbeitet. So können wir effektiv sein und gezielt arbeiten.
Untrainierte oder verspannte Muskeln können nicht lange arbeiten und ermüden sehr schnell. Das kann bereits nach wenigen Minuten sein. Deshalb ist es wichtig die Arbeitsphasen der Muskeln langsam zu erhöhen und entsprechende kurze Pausen einzubauen. Durch die ständig wechselnde Haltung des Pferdes, z.B. mal komplette Dehnungshaltung, dann wieder etwas mehr aufnehmen usw. nimmt der Muskel an Umfang zu und kann sich positiv entwickeln.
Muskulatur baut sich bei Trainingspausen (schon ab 2 Wochen) ab. Deshalb ist hier Aufbautraining nach einer Pause wichtig.